Vortrag: Zivilklausel und Dual-Use Problematik

Dienstag, 05. Juni 2012
Uhrzeit: 18:00
Raum 2045 N (Informatik-Fakultät)

Die Umsetzung einer Zivilklausel steht oft vor dem Dilemma, dass wissenschaftliche Erkenntnisse sowohl zivil als auch militärisch nutzbar sind. Diese Tatsache wird regelmäßig auch als Argument gegen eine Zivilklausel verwendet.
Ob diese doppelte Nutzbarkeit (Dual Use) tatsächlich ein unlösbares Problem ist und wie damit umgegangen werden kann, erläutert Ralf Streibl, Dipl. Psychologe an der Uni Bremen und Mitglied im Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung.
Die Universität Bremen hat seit 1986 eine Zivilklausel in ihrer Grundordnung verankert.

Dieser Vortrag ist Teil der Vortragsreihe, die in einer Kooperation zwischen dem AStA der Universität Augsburg und der Initiative friedliche Uni Augsburg organisiert wird.


Eine gut Einführung in die Dual Use-Problematik gibt der Flyer des AK Zivilklausel Uni Köln: http://www.zivilklausel.uni-koeln.de/faltblatt_es-gaebe-genug.pdf

Podiumsdiskussion zum Innovationspark - Impulsreferat Fachforum Nachhaltige Stadtentwicklung

Peter Feininger, Vetreter des Fachforums Nachhaltige Stadtentwicklung, hat freundlicherweise seinen Vortrag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!



Impulsreferat eines Vertreters des Fachforums Nachhaltige Stadtentwicklung bei der Podiumsdiskussion zum Augsburger Innovationspark: Idee und Zukunft des Innovationsparks, Universität Augsburg, 16. Mai 2012

Liebe Anwesende,
wir, d.h. das Fachforum Nachhaltige Stadtentwicklung der Lokalen Agenda 21 für ein zukunftsfähiges Augsburg freuen uns über die freundliche Einladung zu dieser Veranstaltung durch den AStA und die Initiative friedliche Uni Augsburg.
Unser Fachforum kritisierte die Pläne für den Innovationspark mit als erstes – aus ökologischen, städtebaulichen und vor allem auch friedenspolitischen Gesichtspunkten heraus. Im einzelnen können unsere Stellungnahmen an das Stadtplanungsamt auf der Webseite www.forumaugsburg.de nachgelesen werden. Stadträte der Linken und der Grünen griffen unsere Kritik erfreulicherweise auf.
Momentan haben wir eine ungeklärte und undurchsichtige Situation. Auf der einen Seite ist die Stadt Augsburg durch einen Stadtratsbeschluss von 2004 ganz allgemein auf das Friedensziel verpflichtet. Auch konnte im Wirtschaftsausschuss heuer verhindert werden, dass eine Zivilklausel für den Innovationspark abgelehnt wird. Aber in der Zwischenzeit schaffen der Freistaat Bayern, die Kommunalverwaltung, die Unternehmerorganisationen und die Industrie, v.a. die Rüstungskonzerne, aber auch die Universitätsverwaltung Fakten.
Es ist absehbar, wann die beiden Forschungsinstitute der Fraunhofer-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt fertiggestellt sind, beides Gesellschaften mit heimlicher oder unheimlicher Nähe zum Bundesministerium für Verteidigung und zur Rüstungsbranche.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt betrachtet die Sicherheitsforschung als Querschnittsaufgabe, die alle Forschungs- und Entwicklungsbereiche umfasst, d.h. alle Bereiche des DLR haben auch sicherheits- und verteidigungspolitische Bedeutung, sind also militarisiert.
Die Fraunhofer-Projektgruppe „Funktionsintegrierter Leichtbau“ entwickelt zum Beispiel zusammen mit Personal von Premium Aerotec und Eurocopter ein vollautomatisches Fertigungsverfahren für große CFK-Bauteile, also kohlefaserverstärkte Kunststoffteile. Kern der Technologie ist ein Roboter mit einem Legekopf.
Auf was ich mit diesem Beispiel hinaus will, ist auch, dass diese Verfahren ganz speziell für die verschiedenen Fertigungszwecke, seien es Automobile, Militärfahrzeuge, zivile oder militärische Hubschrauber- und Flugzeugmodelle, entwickelt werden. Das heißt, das Dual Use-Problem ist oft ein vorgeschobenes. Ab einer gewissen Entwicklungs- oder Produktionsstufe ist der Verwendungszweck nicht mehr doppelt, sondern entweder zivil oder militärisch.
Die Stadt schreibt in ihrem Antrag vom Februar im Wirtschaftsausschuss: „Problematisch wird zudem insbesondere auch die effiziente Kontrollierbarkeit einer Zivilklausel beurteilt.“ Dieses Problem wäre lösbar, wenn man von den Firmen und Instituten auf dem Innovationspark oder an der Universität den eindeutigen Nachweis verlangt, dass das beabsichtigte Entwicklungs- oder Forschungsziel nicht militärischen Zwecken dient, sondern ausschließlich zivilen.
Der nächste Schritt ist das Technologiezentrum, das als „Keimzelle“ des Innovationsparks gilt. Obwohl die interessierten Firmen geheim gehalten werden, werden SGL Carbon, MT Aerospace, Eurocopter und Premium Aerotec offen gehandelt – alles mächtige Konzerne bzw. Konzerntöchter mit bedeutenden militärischen Produktionsanteilen.
Die Geschäftsstelle Innovationspark wird neuerdings von Jano von Zitzewitz geleitet, einem hochrangigen EADS-Manager, den Eurocopter für diesen Zweck freigestellt hat. Im Hintergrund zieht ein sogenannter Kompetenzrat die Fäden, der von Manfred Hirt, Gerhard Wiedemann und Stefan Holzamer geleitet wird. Manfred Hirt war lange Jahre Vorstandsvorsitzender der Augsburger Renk AG, einer Rüstungsschmiede des MAN-Konzerns, die u.a. Getriebe für Fregatten und Panzer baut. 2007 wurde Manfred Hirt in Frankreich zu 18 Monaten Haft auf Bewährung und 100.000 € Geldstrafe verurteilt wegen illegaler Rüstungsgeschäfte. Zurzeit ist er stellvertretender Vorsitzender des Förderkreiseses Deutsches Heer und wie gesagt – Sprecher des Kompetenzrats des Innovationsparks.
In der Selbstbeschreibung des Förderkreises Deutsches Heer heißt es: Er wolle „all denjenigen ein Forum … bieten, die sich umfassend und aktiv der Bundeswehr und hier vor allem dem Deutschen Heer verpflichtet fühlen. In diesem Verständnis will der Förderkreis alle Kräfte aus Politik, Gesellschaft und Öffentlichkeit, Armee, Wirtschaft, Beschaffung sowie Forschung und Lehre zusammenführen, die sich in besonderer Verantwortung für die bei allen multinationalen und streitkräftegemeinsamen Friedensmissionen im Schwerpunkt stehenden deutschen Landstreitkräften sehen.“
Dies ist ein sehr weitgehendes, militaristisches, ja im Grunde totalitäres Konzept, das Prof. Hirt da vertritt. Es mutet schon ziemlich blauäugig an, diesen Vertreter des Kompetenzrates in die Weiterentwicklung des Leitbildes für den Innovationspark einzubinden – so beschlossen vom Wirtschaftsausschuss des Stadtrats am 29. Februar mit der Stimme auch der Grünen.
Das weitere Mitglied des „Kompetenzrates“, Gerhard Wiedemann, war lange Jahre Vorstandsvorsitzender der Kuka AG, früher Panzerschmiede der Familie Quant, jetzt in diverse, weniger augenfällige militärische Projekte verstrickt. Stefan Holzamer ist Geschäftsführer der SGL Carbon GmbH in Meitingen, die über eine Tochterfirma nicht nur am Joint Strike Fighter, dem US-Nuklearbomber der nächsten Generation arbeitet, sondern mit dem SGL Carbonum als Sponsor am Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) an der Uni tätig ist und auf die Managementausbildung Einfluss nimmt.
Die genannten Rüstungsfirmen sind auch führend im Unternehmens- und Forschungsverbund Carbon Composites e.V., wobei hier vielleicht noch Dr. Wolfgang Konrad (MT Aerospace) als Vorstandsmitglied von CceV erwähnt werden sollte. Er repräsentiert den OHB-Konzern, der nicht nur am Bau der Arianeträgerrakete beteiligt ist, sondern auch am geheimen Militärsatellitenprogramm SAR-Lupe.
Führend scheint bei allem EADS, bzw. die 100%ige Tochter Premium Aerotec, die in den vergangenen Jahren eine halbe Milliarde Euro in ihre Werke investiert hat, um zum führenden Lieferanten sowohl für zivile als auch für militärische Flugzeugstrukturen zu werden. Premium Aerotec entwickelte unter den früheren Bezeichnungen MBB und DASA den Tornado, der als Aufklärer den ersten Einsatz der deutschen Luftwaffe seit dem Zweiten Weltkrieg über Bosnien bestritt und seinen ersten Kampfeinsatz während der NATO-Bombardements im Kosovo hatte, um die serbische Luftabwehr niederzuhalten, im Golfkrieg durch die Royal Air Force eingesetzt wurde und beim Angriff auf Afghanistan als ECR-Tornado von Lagerlechfeld aus startete.
Premium Aerotec ist aktuell der größte Strukturzulieferer für den Eurofighter, der im verbrecherischen Angriff auf Libyen seinen ersten Kampfeinsatz flog. Premium Aerotec ist maßgeblich am Bau des Militärtransporters A400 M beteiligt, dem größten europäischen Rüstungsprojekt. Ferner entwickelt EADS bzw. Premium Aerotec Drohnen wie zum Beispiel die Großdrohne Talarion. Die Drohne Barracuda wurde zum Beispiel weitgehend in Augsburg gebaut.
Damit schafft diese Firma nicht nur die rüstungstechnologische Basis für eine beängstigende Militarisierung der deutschen Außenpolitik fern ab vom Auftrag des Grundgesetzes, sondern stellt auch die Mittel bereit für eine flächendeckende Überwachung aus der Luft im Inland, für den menschenrechtlich katastrophalen Drohnenkrieg bis hin zu Technologien für „Urban Operations“ zur Auf­stands­be­kämp­fung in den Großstädten.
Unfassbar ist, dass dies sich ganz wesentlich in unmittelbarer Nähe des alten Flugplatzes abspielt, wo der NS-Wehrwirtschaftsführer Wilhelm Messerschmitt 9000 Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge verbrauchte, um den Standardjäger der Nazis für deren Expansion- und Eroberungskrieg zu bauen. Nicht hinnehmbar für uns ist, dass eine Nachfolgefirma der Messerschmitt AG mit einem Rüstungsprogramm, das das der NS-Firma um ein Vielfaches übertrifft sich jetzt an die Universität heranmachen will, um deren Ressourcen zu nutzen. Ja, Premium Aerotec spielt sogar mit dem Gedanken, seine neue Konzernzentrale auf dem Gelände des Innovationsparks zu errichten.
Der Wirtschaftsausschuss des Stadtrats hat im Februar statt einer Friedensklausel als Leitbild die Ressourceneffizienz beschlossen. Wir meinen, mit Verlaub: das ist kein Leitbild, sondern eine Technologie. Dagegen muss man nichts haben, genauso wenig, wie gegen einen Innovationspark als solchen etwas einzuwenden wäre, wenn er nicht von der Rüstungsindustrie verseucht wäre und einen Dammbruch bei der Militarisierung der Universität darstellen würde. Im Kontext des Friedensziels bedeutet Ressourceneffizienz aber eine reine Ausweichstrategie. Noch dazu, wenn die Entwicklung des Leitbildes Ressourceneffizienz einem „Kompetenzrat“ anheimgestellt wird, der von einem Rüstungslobbyisten angeführt wird.
Es ist auch fraglich, ob das Leitbild Ressourceneffizienz beim Wissenschaftszentrum Umwelt gut aufgehoben wäre. Das WZU kooperiert unter einem Dach mit dem Europabüro des World Environment Center, einem Zusammenschluss der Umweltdirektoren von 40 multinationalen Unternehmen mit dem Ziel der Förderung „nachhaltiger Produktionsweisen“. Zu den Mitgliedsunternehmen des WEC zählt auch das US-amerikanische Unternehmen Boeing (The Boeing Company), der weltweit größte Hersteller von zivilen und militärischen Flugzeugen und Hubschraubern sowie von Militär- und Weltraumtechnik.
Peter Feininger

Podiumsdiskussion zum Augsburger Innovationspark


Idee und Zukunft des Innovationsparks

16. Mai 2012
Uhrzeit: 17:30
Raum 2001, Jura (Gebäude H)

Angesichts der aufkeimenden Debatte um eine mögliche Zivilklausel für die Universität Augsburg organisiert der AStA der Universität Augsburg in Zusammenarbeit mit der Initiative friedliche Uni Augsburg eine Veranstaltungreihe, um möglichst differenziert zur Meinungsbildung der Studierenden (und aller Interessierten) bei zu tragen.
Zwar kann die Diskussion um eine Zivilklausel ohne weiteres auch unabhängig vom Innovationspark geführt werden, doch ist dieser hier in Augsburg der konkrete Anlass. Bevor man also in eine tiefere Debatte um eine Zivilklausel eintritt, ist es sinnvoll, sich den „Innovationspark“, der neben dem Campus der Universität entsteht und mit welchem auch eine enge Kooperation statt finden soll, genauer an zu schauen.

Inhalt:
Was war die Ursprungsidee des Innovationsparkes, wie ist dieses Projekt entstanden?
Welche – vielleicht auch gegensätzliche – Ziele verbinden die unterschiedlichen involvierten Akteure mit diesem?
Wie sieht der aktuelle Stand der Umsetzung aus?
Welche Sorgen gibt es, welche Chancen sieht man in der Verwirklichung des Projektes Innovationspark?

Ablauf:
In einem ersten Block soll jede_r Diskutant_in die Möglichkeit haben, in 5 Minuten zur Idee und zu den Zielen des Innovationsparkes seine/ ihre Sicht der Dinge zu schildern.
Nachdem dem Publikum Raum für Zwischenfragen gestattet wurde, soll in einem zweiten Block schließlich Platz für eine Diskussion um Bedenken, Kritik, Chancen und Gestaltungsideen für die Zukunft des Innovationsparkes sein.


Referent_innen:
Karl Bayerle (Wirtschaftsreferat)
Peter Feininger und Karin Berger-Fuchs (Fachforum Nachhaltige Stadtentwicklung)
Reiner Erben (Grüne)
Alexander Süßmair (Die Linke)


Moderation: Prof. Dr. Christoph Weller (Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung)