Impulsreferat eines Vertreters des Fachforums
Nachhaltige Stadtentwicklung bei der Podiumsdiskussion zum Augsburger
Innovationspark: Idee und Zukunft des Innovationsparks, Universität
Augsburg, 16. Mai 2012
Liebe Anwesende,
wir, d.h. das Fachforum Nachhaltige
Stadtentwicklung der Lokalen Agenda 21 –
für ein zukunftsfähiges Augsburg freuen uns über die freundliche
Einladung zu dieser Veranstaltung durch den AStA und die Initiative
friedliche Uni Augsburg.
Unser
Fachforum kritisierte die Pläne für den Innovationspark mit
als erstes – aus ökologischen, städtebaulichen und vor allem auch
friedenspolitischen Gesichtspunkten heraus. Im einzelnen können
unsere Stellungnahmen an das Stadtplanungsamt auf der Webseite
www.forumaugsburg.de nachgelesen werden. Stadträte der Linken und
der Grünen griffen unsere Kritik erfreulicherweise auf.
Momentan
haben wir eine ungeklärte
und undurchsichtige Situation. Auf der einen Seite ist die Stadt
Augsburg durch einen Stadtratsbeschluss von 2004 ganz allgemein auf
das Friedensziel verpflichtet. Auch konnte im Wirtschaftsausschuss
heuer verhindert werden, dass eine Zivilklausel für den
Innovationspark abgelehnt wird. Aber in der Zwischenzeit schaffen der
Freistaat Bayern, die Kommunalverwaltung, die
Unternehmerorganisationen und die Industrie, v.a. die
Rüstungskonzerne, aber auch die Universitätsverwaltung Fakten.
Es ist absehbar, wann die beiden
Forschungsinstitute der Fraunhofer-Gesellschaft und der Deutschen
Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt fertiggestellt sind, beides
Gesellschaften mit heimlicher oder unheimlicher Nähe zum
Bundesministerium für Verteidigung und zur Rüstungsbranche.
Das
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt betrachtet die
Sicherheitsforschung als Querschnittsaufgabe, die alle Forschungs-
und Entwicklungsbereiche umfasst, d.h. alle Bereiche des DLR haben
auch sicherheits- und verteidigungspolitische Bedeutung, sind also
militarisiert.
Die
Fraunhofer-Projektgruppe „Funktionsintegrierter Leichtbau“
entwickelt zum Beispiel zusammen mit Personal von Premium Aerotec und
Eurocopter ein vollautomatisches Fertigungsverfahren für große
CFK-Bauteile, also kohlefaserverstärkte Kunststoffteile. Kern der
Technologie ist ein Roboter mit einem Legekopf.
Auf was ich mit diesem Beispiel hinaus will, ist
auch, dass diese Verfahren ganz speziell für die verschiedenen
Fertigungszwecke, seien es Automobile, Militärfahrzeuge, zivile oder
militärische Hubschrauber- und Flugzeugmodelle, entwickelt werden.
Das heißt, das Dual Use-Problem ist oft ein vorgeschobenes. Ab einer
gewissen Entwicklungs- oder Produktionsstufe ist der Verwendungszweck
nicht mehr doppelt, sondern entweder zivil oder
militärisch.
Die Stadt schreibt in ihrem Antrag vom Februar im
Wirtschaftsausschuss: „Problematisch wird zudem insbesondere auch
die effiziente Kontrollierbarkeit einer Zivilklausel beurteilt.“
Dieses Problem wäre lösbar, wenn man von den Firmen und Instituten
auf dem Innovationspark oder an der Universität den eindeutigen
Nachweis verlangt, dass das beabsichtigte Entwicklungs- oder
Forschungsziel nicht militärischen Zwecken dient, sondern
ausschließlich zivilen.
Der
nächste Schritt ist das Technologiezentrum, das als „Keimzelle“
des Innovationsparks gilt. Obwohl die interessierten Firmen geheim
gehalten werden, werden SGL Carbon, MT Aerospace, Eurocopter und
Premium Aerotec offen gehandelt –
alles mächtige Konzerne bzw. Konzerntöchter mit bedeutenden
militärischen Produktionsanteilen.
Die Geschäftsstelle Innovationspark wird
neuerdings von Jano von Zitzewitz geleitet, einem hochrangigen
EADS-Manager, den Eurocopter für diesen Zweck freigestellt hat. Im
Hintergrund zieht ein sogenannter Kompetenzrat die Fäden, der von
Manfred Hirt, Gerhard Wiedemann und Stefan Holzamer geleitet wird.
Manfred Hirt war lange Jahre Vorstandsvorsitzender der Augsburger
Renk AG, einer Rüstungsschmiede des MAN-Konzerns, die u.a. Getriebe
für Fregatten und Panzer baut. 2007 wurde Manfred Hirt in Frankreich
zu 18 Monaten Haft auf Bewährung und 100.000 € Geldstrafe
verurteilt wegen illegaler Rüstungsgeschäfte. Zurzeit ist er
stellvertretender Vorsitzender des Förderkreiseses Deutsches Heer –
und wie gesagt – Sprecher des Kompetenzrats des Innovationsparks.
In der Selbstbeschreibung des Förderkreises
Deutsches Heer heißt es: Er wolle „all denjenigen ein Forum …
bieten, die sich umfassend und aktiv der Bundeswehr und hier vor
allem dem Deutschen Heer verpflichtet fühlen. In diesem Verständnis
will der Förderkreis alle Kräfte aus Politik, Gesellschaft und
Öffentlichkeit, Armee, Wirtschaft, Beschaffung sowie Forschung und
Lehre zusammenführen, die sich in besonderer Verantwortung für die
bei allen multinationalen und streitkräftegemeinsamen
Friedensmissionen im Schwerpunkt stehenden deutschen
Landstreitkräften sehen.“
Dies ist ein sehr weitgehendes, militaristisches,
ja im Grunde totalitäres Konzept, das Prof. Hirt da vertritt. Es
mutet schon ziemlich blauäugig an, diesen Vertreter des
Kompetenzrates in die Weiterentwicklung des Leitbildes für den
Innovationspark einzubinden – so beschlossen vom
Wirtschaftsausschuss des Stadtrats am 29. Februar mit der Stimme auch
der Grünen.
Das weitere Mitglied des „Kompetenzrates“,
Gerhard Wiedemann, war lange Jahre Vorstandsvorsitzender der Kuka AG,
früher Panzerschmiede der Familie Quant, jetzt in diverse, weniger
augenfällige militärische Projekte verstrickt. Stefan Holzamer ist
Geschäftsführer der SGL Carbon GmbH in Meitingen, die über eine
Tochterfirma nicht nur am Joint Strike Fighter, dem US-Nuklearbomber
der nächsten Generation arbeitet, sondern mit dem SGL Carbonum als
Sponsor am Zentrum für Weiterbildung und Wissenstransfer (ZWW) an
der Uni tätig ist und auf die Managementausbildung Einfluss nimmt.
Die genannten Rüstungsfirmen sind auch führend
im Unternehmens- und Forschungsverbund Carbon Composites e.V., wobei
hier vielleicht noch Dr. Wolfgang Konrad (MT Aerospace) als
Vorstandsmitglied von CceV erwähnt werden sollte. Er repräsentiert
den OHB-Konzern, der nicht nur am Bau der Arianeträgerrakete
beteiligt ist, sondern auch am geheimen Militärsatellitenprogramm
SAR-Lupe.
Führend
scheint bei allem EADS, bzw. die 100%ige Tochter Premium Aerotec, die
in den vergangenen Jahren eine halbe Milliarde Euro in ihre Werke
investiert hat, um zum führenden Lieferanten sowohl für zivile als
auch für militärische Flugzeugstrukturen zu werden. Premium Aerotec
entwickelte unter den früheren Bezeichnungen MBB und DASA den
Tornado, der als Aufklärer den ersten Einsatz der deutschen
Luftwaffe seit dem Zweiten Weltkrieg über Bosnien bestritt und
seinen ersten Kampfeinsatz während der NATO-Bombardements im Kosovo
hatte, um die serbische Luftabwehr niederzuhalten, im Golfkrieg durch
die Royal Air Force eingesetzt wurde und beim Angriff auf Afghanistan
als ECR-Tornado von Lagerlechfeld aus startete.
Premium
Aerotec ist aktuell der größte Strukturzulieferer für den
Eurofighter, der im verbrecherischen Angriff auf Libyen seinen ersten
Kampfeinsatz flog. Premium Aerotec ist maßgeblich am Bau des
Militärtransporters A400 M beteiligt, dem größten europäischen
Rüstungsprojekt. Ferner entwickelt EADS bzw. Premium Aerotec Drohnen
wie zum Beispiel die Großdrohne Talarion. Die Drohne Barracuda wurde
zum Beispiel weitgehend in Augsburg gebaut.
Damit
schafft diese Firma nicht nur die rüstungstechnologische Basis für
eine beängstigende Militarisierung der deutschen Außenpolitik fern
ab vom Auftrag des Grundgesetzes, sondern stellt auch die Mittel
bereit für eine flächendeckende Überwachung aus der Luft im
Inland, für den menschenrechtlich katastrophalen Drohnenkrieg bis
hin zu Technologien für „Urban Operations“ zur
Aufstandsbekämpfung in den Großstädten.
Unfassbar
ist, dass dies sich ganz wesentlich in unmittelbarer Nähe des alten
Flugplatzes abspielt, wo der NS-Wehrwirtschaftsführer Wilhelm
Messerschmitt 9000 Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge verbrauchte, um
den Standardjäger der Nazis für deren Expansion- und
Eroberungskrieg zu bauen. Nicht hinnehmbar für uns ist, dass eine
Nachfolgefirma der Messerschmitt AG –
mit einem Rüstungsprogramm, das das der NS-Firma um ein Vielfaches
übertrifft –
sich jetzt an die Universität heranmachen will, um deren Ressourcen
zu nutzen. Ja, Premium Aerotec spielt sogar mit dem Gedanken, seine
neue Konzernzentrale auf dem Gelände des Innovationsparks zu
errichten.
Der
Wirtschaftsausschuss des Stadtrats hat im Februar statt einer
Friedensklausel als Leitbild die Ressourceneffizienz beschlossen. Wir
meinen, mit Verlaub: das ist kein Leitbild, sondern eine Technologie.
Dagegen muss man nichts haben, genauso wenig, wie gegen einen
Innovationspark als solchen etwas einzuwenden wäre, wenn er nicht
von der Rüstungsindustrie verseucht wäre und einen Dammbruch bei
der Militarisierung der Universität darstellen würde. Im Kontext
des Friedensziels bedeutet Ressourceneffizienz aber eine reine
Ausweichstrategie. Noch dazu, wenn die Entwicklung des Leitbildes
Ressourceneffizienz einem „Kompetenzrat“ anheimgestellt wird, der
von einem Rüstungslobbyisten angeführt wird.
Es
ist auch fraglich, ob das Leitbild Ressourceneffizienz beim
Wissenschaftszentrum Umwelt gut aufgehoben wäre. Das WZU kooperiert
unter einem Dach mit dem Europabüro des World Environment Center,
einem Zusammenschluss der Umweltdirektoren von 40 multinationalen
Unternehmen mit dem Ziel der Förderung „nachhaltiger
Produktionsweisen“. Zu den Mitgliedsunternehmen des WEC zählt auch
das US-amerikanische Unternehmen Boeing (The Boeing Company), der
weltweit größte Hersteller von zivilen und militärischen
Flugzeugen und Hubschraubern sowie von Militär- und Weltraumtechnik.
Peter
Feininger
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