Gegenargumente

 

1. Kooperation mit der Bundeswehr als demokratisch legitimierte Einrichtung
2. Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit
3. Die Dual-Use-Problematik
4. Zivilklausel als Standortnachteil

 

1. Kooperation mit der Bundeswehr als demokratisch legitimierte Einrichtung

Gegner_innen einer Zivilklausel argumentieren, dass die Bundeswehr als eine demokratisch legitimierte Einrichtung des Staates nicht als Kooperationspartner der Universität ausgeschlossen werden darf.
Die Universität als reflektierende Instanz hat die Aufgabe, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklungen kritisch zu hinterfragen. Außerdem soll sie zur Stärkung der Zivilgesellschaft durch Verankerung von Grundwerten wie Demokratie, Pluralität, Dialog und gegenseitigem Respekt beitragen.
Auch steht die Logik militärischer Mittel im krassen Gegensatz zur Logik der Wissenschaft, da sie auf Disqualifikation durch Argumente beruht.
Ein weiterer Punkt der oft vergessen wird ist jener, dass die Bundeswehr zwar im Grunggesetz erwähnt wird, aber ausschließlich als letzte Möglichkeit der Konfliktbewältigung, nämlich als Verteidigungsarmee zum Schutz ziviler Objekte. Das ist eine sehr große Einschränkung für eine Armee und weltweit einmalig. Das wird in weiteren völkerrechtlich bindenden Verträgen wie dem 2 plus 4 Vertrag noch mal bestätigt und konkretisiert. Das durch militärische Forschung erworbenes Wissen bei einem Drittmittelauftrag der Bundeswehr, wird aber weitergegeben [2][3] und zur Informationsbeschaffung für andere Armeen verwendet (werden)[4]. Diese Armeen, die mit der Bundeswehr strategische Kooperationen eingehen wie z.B. die US-Army, British Special Forces, ... verstoßen leider nicht selten gegen das Kriegsrecht, die Menschenrechte und gegen die Intention des Grundgesetzes[5]. Die Weitergabe von Wissen an diese Armeen kann strategische Gründe haben, aber eine Gesellschaftliche Institution wie die Universität muss das Recht haben, hierbei nicht als Handlanger dienen zu müssen.[6]

Fazit: Eine öffentliche Universität in einem demokratischen Staat muss eine friedliche Gesellschaft zum Ziel haben und muss daher die Freiheit besitzen, Kooperationen mit der Bundeswehr auszuschließen!

2. Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit

Als eine Sorge im Falle der Einführung einer Zivilklausel wird die Beschneidung der Wissenschaftsfreiheit genannt. Dass diese Befürchtung an einer Universität durchaus berechtigt ist, ist unbestritten. Die Wissenschaftsfreiheit resultiert aus Artikel 5, Abs. 3 des Grundgesetzes. Darin heißt es: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“

Mit dem Embryonenschutzgesetz existiert bereits eine gesellschaftlich als legitim verstandene Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit. Es kann also nicht rein rechtspositivistisch gegen eine Zivilklausel argumentiert werden, da es bereits gesetzliche Einschränkungen gibt und daher Art. 5, Abs. 3 GG nicht absolut gilt. Es kann also lediglich diskutiert werden, inwiefern eine Zivilklausel eine illegitime respektive legitime
Einschränkung darstellt.
Es kann aus juristischer Sicht argumentiert werden, dass eine Friedensfinalität[8] des Grundgesetzes der Wissenschaftsfreiheit übergeordnet ist. Dies stellt unter anderem Prof. Erhard Denninger in einem Rechtsgutachten für das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) fest. Bernhard Hoppe bestätigt dies in einem zweiten Rechtsgutachten, dieses Gutachten zeigt auch, dass eine bundesweite Zivilklausel rechtlich möglich ist. Die Zivilklausel sei demnach rechtskonform, denn sie diene der Friedensfinalität Deutschlands, welche durch das Grundgesetz und die für die wiedervereinigte Bundesrepublik völkerrechtlich konstitutiven Verträge (Zwei-plus-Vier-Vertrag) zum Ausdruck gebracht wird.
Im Falle von Rüstungsforschung handelt es sich um Auftragsforschung, die vertraglich mit Universität und Wissenschaftler_in gesichert wird. Von der Antragstellung bis hin zur Abwicklung von Drittmittelprojekten werden immer auch die Strukturen und Ressourcen der Universität beansprucht. Daher sind nicht nur die Forscher_innen, sondern die Universität als Ganzes involviert. Wenn sich nun die Universität als Kollektiv die
Einschränkung auferlegt, ihre Ressourcen nicht für Rüstungs- und Militärforschung zur Verfügung zu stellen, werden damit aber nicht automatisch die Wissenschaftler_innen als Träger der Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt. Denn was die Forscher_innen mit dem vom Staat finanzierten Grundetat erforschen, bleibt letztlich eine freie Entscheidung, bei der jede_r die ethischen Konsequenzen der eigenen Handlung abwägen muss.

Fazit: Eine Zivilklausel ist eine Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit, die jedoch legitim ist. Die Universität hat weiterhin das Recht sich selbst eine Zivilklausel aufzuerlegen, da die Ressourcen die bei der Forschung verwendet werden universirtäres Eigentum darstellen.
Als Selbstverpflichtung der Universität als Kollektiv ist sie eine Einschränkung in positiver Hinsicht, die der Friedensfinalität des Grundgesetzes gerecht wird.

3. Die Dual-Use-Problematik

Dual-Use bezeichnet die prinzipielle Verwendbarkeit von Forschungsergebnissen für
sowohl zivile als auch militärische Zwecke.
a)   Auftragsforschung für militärische Zwecke kann nachträglich im zivilen Bereich
      genutzt werden. (z.B. GPS-Navigation)
b)   Auftragsforschung für zivile Zwecke kann auch im militärischen Bereich Anwendung
       finden. (z.B. in Deutschland produzierte Flusssäure für Giftgasherstellung in Syrien)
c)   (Grundlagen-)Forschung, bei der der spätere Zweck noch nicht ersichtlich ist, kann
      sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden.

Für eine Zivilklausel ist entscheidend, in welcher Absicht und mit welcher Zielsetzung ein Forschungsprojekt durchgeführt wird. Die Einteilung von Forschungsvorhaben in die Kategorien von zivil und militärisch ist dabei nicht immer von vornherein eindeutig. Die Klassifikation von strittigen Projekten kann daher nur in einem Diskurs geklärt werden, der die jeweiligen Einzelfälle gesondert untersucht und soweit dies möglich ist, nach
Abschätzung der Folgen bewertet, welcher gesellschaftliche Nutzen überwiegt.
Nach der Klassifikation der einzelnen Forschungsvorhaben in o.g. Kategorien kann eine Zivilklausel wie folgt wirken:
zu a)    Drittmittelprojekte, bei denen überwiegend militärische Absichten verfolgt
           werden, sollen durch die Zivilklausel ausgeschlossen werden.
zu b)    Bei Auftragsforschung mit ziviler Absicht greift die Zivilklausel nicht.
zu c)    Da keine konkrete Absicht vorliegt, wirkt eine Zivilklausel hier nicht.
Doch werden Forschungserkenntnisse von Rüstungsunternehmen oder vom Militär, die grundsätzlich immer der Geheimhaltung unterliegen, höchst wahrscheinlich erst militärisch genutzt und nur möglicherweise zivil. Wichtig ist es daher den Auftraggeber in die Entscheidung miteinzubeziehen.
Aus gesellschaftlicher Sicht muss auch angebracht werden, dass militärische Forschung, die in ferner Zukunft vielleicht auch Erkenntnisse für einen zivilen Nutzen hat, gleich eine zivile Forschung entgegengesetz werden kann. Diese zivile Forschung, welche konkret auf einen gesellschaftlichern Nutzen hinarbeitet und nicht den kostenintensiveren, clandestinen und zeitlich verzögernden Prozess über militärische Forschung geht, wäre in jedem Fall die bessere Lösung.

Fazit: Forschungsprojekte können oftmals nicht eindeutig dem zivilen beziehungsweise militärischen Bereich zugeordnet werden. Bei der Umsetzung der Zivilklausel ist es daher erforderlich, strittige Projekte zu diskutieren und Einzelfallentscheidungen zu treffen. Der Auftraggeber muss Teil der Debatte sein. Am Besten wäre es einen eventuellen zivilen Nutzen, durch eine zivile Forschung zu garantieren und nicht durch militärische Forschung zu erhoffen.

4. Zivilklausel als Standortnachteil

Ein weiteres Bedenken besteht darin, dass eine Zivilklausel Kooperationen mit außeruniversitären Partnern einschränken oder verhindern könnte und dadurch – im Zuge der finanziellen Abhängigkeit von Drittmitteln – ein Standortnachteil für die Universität entsteht.
Es ist durchaus möglich, dass eine Zivilklausel die Zusammenarbeit mit bestimmten Drittmittelgebern verhindern könnte. Allerdings bietet die Zivilklausel damit auch eine Chance zur Schärfung des Profils der Universität in ziviler, friedensfördernder und ökologisch-nachhaltiger Richtung. Diese würde die Standort-Attraktivität für Partnerschaften mit Unternehmen aus ebensolchen Bereichen erhöhen. Dass dies möglich ist und eine Zivilklausel nicht notwendigerweise einen Standortnachteil zur Folge hat, zeigen die Beispiele vieler deutscher Universitäten, die diesen Schritt bereits gegangen sind.
Für die Universität Augsburg gilt dies besonders, behauptet sie doch, dass momentan keinerlei rüstungsrelevante Projekte in der Uni Augsburg erforscht werden. Die Lehre wird dadurch fast nicht beeinträchtigt, da die durch Forschung erzielten Gewinne hauptsächlich wieder in die Forschung fließen.[7]

Fazit: Durch die Einführung einer Zivilklausel sind nicht zwangsläufig finanzielle Nachteile zu erwarten. Die bewusste Ausrichtung auf oben genannte zukunftsweisende Projekte könnte gerade auch die Standort-Attraktivität steigern.



Fußnoten

[6] siehe hierzu: Leitbild der Univeristät Augsburg: 
„Die Universität Augsburg ist vom Freistaat Bayern als Reformuniversität gegründet worden. Ihrem Wahlspruch 'Scientia et Conscientia' entsprechend will sie Wissen durch Forschung, Lehre und Studium gewissenhaft mehren und das Wissen gesellschaftlich verantworten.“
[7] Diese Aussage ergibt sich aus persönlichen Gesprächen der Initiative Friedliche Uni Augsburg mit  ProfessorInnen, Dozierenden und MitarbeiterInnen der Universität Augsburg durch deren Einschätzung.
[8] „Seit Jahren macht uns Helmut Simon, der langjährige Bundesverfassungsrichter, immer wieder mit großer Überzeugungskraft auf ein Defizit aufmerksam, das offenbar werden lässt, dass es in den nunmehr über 60 Jahren seit Inkrafttreten des Grundgesetzes weithin versäumt worden ist, das Friedensgebot des Grundgesetzes „ähnlich konkret herauszuarbeiten wie etwa das Sozialstaatsgebot oder das Rechtstaatsgebot.“Vernachlässigt worden seien vor allem „die Folgerungen für die zivile Konfliktbearbeitung und deren Vorrang vor militärischer Gewaltanwendung.“ Simon hält es u. a. „für unerträglich, dass für diese Aufgabe lediglich ein verschwindend geringer Teil der Mittel zur Verfügung steht, wie wir sie für das Militär aufwenden.“
Dieter Deiseroth AG Friedensforschung

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